10.03.2023
ICANA 2023 – 5. Internationale Konferenz zum Aktiven Schallschutz zeigt Wege zur weiteren Reduzierung des Fluglärms auf
Frankfurt/M., 10.3.2023: Am 9. und 10. März 2023 fand auf gemeinsame Einladung des Umwelt- und Nachbarschaftshauses (UNH) und des Forum Flughafen und Region (FFR) die fünfte Internationale Konferenz Aktiver Schallschutz (ICANA 2023) in Frankfurt statt. Zu den rund 120 Konferenzteilnehmer*innen zählten Fachleute aus den Bereichen Lärmforschung und Luftverkehr sowie Vertreter*innen aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Es wurde deutlich: Neben Klimaschutzmaßnahmen gehören Lärmminderungsmaßnahmen direkt am Fluggerät zu den wichtigsten Zukunftsthemen der Luftfahrt.
Eröffnet wurde die zweitägige Veranstaltung mit dem Titel „Aktiver Schallschutz an der Quelle“ durch den hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein und Prof. Jan Wörner, Mitglied des Vorstands des FFR. Ministerpräsident Rhein betonte in seiner Begrüßung, Ziel der hessischen Landesregierung sei es, den Frankfurter Flughafen als maßgeblichen Infrastrukturbestandteil der Rhein-Main-Region zu entwickeln. „Zugleich wollen wir zur Bewältigung der mit dem Betrieb einhergehenden Belastungen für Mensch und Umwelt beitragen. Ich schätze den seit vielen Jahren bestehenden Dialog mit dem Forum Flughafen und Region sehr und freue mich, dass die ICANA bereits zum fünften Mal eine Plattform bietet, um sich über die vielen Aspekte der Auswirkungen des Luftverkehrs auf die Metropolregion auszutauschen“, so Ministerpräsident Rhein weiter.
Im Mittelpunkt der Fachvorträge standen Lärmminderungsmaßnahmen, die direkt an den Flugzeugen selbst ansetzen. Dabei ging es sowohl um Maßnahmen an heutigen Flugzeugen als auch um die Berücksichtigung von Schallschutz bei zukünftigen Flugzeugkonzepten.
Technologische Maßnahmen wichtigster Treiber von Lärmminderungen im Luftverkehr
„Die Konferenz zeigte einmal mehr, dass technische Entwicklungsfortschritte am Fluggerät das größte Potenzial zur Lärmreduzierung darstellen. Die Forschung hat neue Wege aufgezeigt, die es heißt möglichst rasch zu realisieren.“, resümiert Prof. Jan Wörner, Vorstandsmitglied des FFR. „Trotz der benannten Vorteile und Potenziale dieser Maßnahmen werden sie bislang nur in seltenen Fällen konsequent umgesetzt“, ergänzt Oliver Quilling, Landrat des Kreises Offenbach und ebenfalls Vorstand des FFR, und verweist dabei auf den heute vor zehn Jahren aufgestellten Forderungskatalog der Frankfurter Erklärung von 2013. „Die damaligen Forderungen sind auch heute noch brandaktuell“, so Quilling.
Zu den bereits damals geforderten Maßnahmen zur technologischen Reduzierung der Lärmbelastung, die in vielen Fällen auch dem Klimaschutz dienen, gehörten u.a. die möglichst rasche Ausmusterung älterer Luftfahrzeuge und der Ersatz durch neue Muster sowie die Nachrüstung der Bestandsflotte durch die Airlines. An die Politik gerichtet, wurden insbesondere die Vorgabe von Lärmminderungszielen gegenüber den Flugzeugherstellern für die Planung neuer Flugzeugtypen, die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen und Planungssicherheit für Airlines und Hersteller hinsichtlich der schnellen Zertifizierung und Inbetriebnahme neuer Technologien sowie die Schaffung wirtschaftlicher oder betrieblicher Anreize für die schnelle Umrüstung und Einführung modernster Techniken gefordert.
Lärmschutz im Flughafennahbereich darf nicht vom Klimafokus verdrängt werden
In der abschließenden Diskussionsrunde, an der u.a. Dr. Pierre Dominique Prümm, Vorstandsmitglied der Fraport AG und des FFR, und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir teilgenommen haben, wurde auch deutlich gemacht, dass trotz des nachvollziehbaren und berechtigten Fokus auf den Kampf gegen den Klimawandel weder Forschung noch Politik und Wirtschaft die Frage des Lärmschutzes vergessen dürfen: „Auch wenn derzeit die Reduzierung von Treibhausgasemissionen im Mittelpunkt politischer Maßnahmen und Forschungsvorhaben stehen, dürfen Fragen des Lärmschutzes nicht verdrängt werden. Dies gilt insbesondere für den Lärmschutz im Nahbereich des Flughafens, dem wir auch künftig eine hohe Priorität einräumen“, betont Dr. Prümm und erläutert weiter: „Menschen in der unmittelbaren Umgebung von Flughäfen vor einer zunehmenden Lärmbelastung zu schützen und im Idealfall deren Lärmbelastung zu reduzieren, muss weiterhin die primäre Zielsetzung und wichtiger Orientierungspunkt für die weitere Arbeit des FFR sein. Die Bedeutung dieser Aufgabe wurde bereits mit der vom FFR beauftragten NORAH-Studie zweifelsfrei belegt und bleibt unverändert bestehen.“
Minister Al-Wazir resümiert, dass die ICANA den Blick auf einen drohenden Zielkonflikt gelenkt habe. „Zwar wird im Interesse des Klimaschutzes und der Wirtschaftlichkeit intensiv daran gearbeitet, den Spritverbrauch beim Fliegen zu senken, doch dabei dürfen wir den Lärmschutz nicht vernachlässigen. Denn im Nahbereich von Flughäfen müssen die Lärmemissionen weiter abnehmen. Es liegt vor allem in der Verantwortung von Airlines und Herstellern, beide Ziele gleichermaßen ambitioniert zu verfolgen. Aber auch der Bund muss bei der Weiterentwicklung seines Luftfahrtforschungsprogramms vor allem auf Technologien setzen, die sowohl Klimaeffekte als auch den Lärm reduzieren“, erläutert dazu Minister Al-Wazir.
ICANA
Die ICANA (International Conference on Active Noise Abatement /Internationale Konferenz Aktiver Schallschutz) wurde das erste Mal im Herbst 2010 vom FFR ausgerichtet. Auf der Konferenz sollen die für den Flughafen Frankfurt vorgesehenen Maßnahmen des aktiven Schallschutzes bekannt gemacht werden und ein internationaler Erfahrungsaustausch mit anderen Flughäfen, Flugsicherungsorganisationen und Luftfahrtgesellschaften etabliert werden, um den aktuellen Stand dieses Themas für Frankfurt nutzbar zu machen. Ein Schwerpunkt dieses Jahr lag auf den technischen Möglichkeiten des aktiven Schallschutzes an der Quelle.
Die Vorträge werden im Nachgang der Veranstaltung auf der Website des Umwelt- und Nachbarschaftshauses öffentlich zur Verfügung gestellt.